Beitrag
von CaliforniaPug » Do 03.12.09 12:05
Das Problem hier ist nicht, dass es hier um die Umgehung einer Strafe mit legalen Mitteln geht, sondern, dass diese Strafe einfach nicht sonderlich verhältnismäßig ist. Klar, einen Monat S-Bahn und 160€ sind völlig legitim, das hat man sich redlich verdient, aber das ist ja auch nicht die Kritik an dieser Geschichte, genausowenig wie die (relativ sinnbefreite) Nachschulung an und für sich (wenn du das nochmal machst, dann kommst du auf die stille Treppe...)
Ich möchte hier garnicht darüber argumentieren, ob es gut oder nicht gut ist, sich an Geschwindigkeitsbegrenzungen zu halten, die Frage erübrigt sich selbstredend. Ich frage mich nur, wer denn von uns in jeder Lebenslage ohne wenn und aber gesetzestreu ist, dass er sich ein Urteil über andere erlauben kann.
Grundlegend stellt sich mir aber auch die Frage, ob der ganze Zirkus überhaupt in irgendeiner Relation zur Tat steht (n.b. es geht hier nicht um eine Relativierung der Tat im absoluten Sinne). Wenn jemand in der Probezeit mit so einer Übertretung - gerade bei der entsprechenden Verkehrslage - erwischt wird, knallts richtig. 160€ Bußgeld, "Bearbeitungs"gebühr, Nachschulungskosten in Höhe von 400-500€, Fahrverbot, usw., also schnell mal 600-700€ insgesamt, beim nächsten Vergehen ist der Lappen ganz weg. Wenn im Vergleich Opa, der ganz eindeutig nicht mehr im Vollbesitz seiner geistigen Kräfe (den körperlichen sowieso), falsch auf die Autobahn auffährt, 15 Beinahe-Unfälle verursacht und erst nach einigen Kilometern von der Polizei gestoppt wird, dann sind 200€, vier Bonuspunkte und ein Monat ÖPNV fällig. Die Witzlosigkeit in diesem Fall ist nicht das Bußgeld oder das einmonatige Fahrverbot, sondern, dass es in den allerseltensten Fällen zu einer Überprüfung der Fahrtauglichkeit (die wohl kaum noch gegeben sein dürfte) kommt. D.h. man nimmt dem Teenie den Lappen ab, weil er über die Stränge geschlagen hat, lässt aber den graumelierten Dachschaden nach einem Monat wieder hinter's Steuer.
Es beißt sich irgendwo mit meinem Rechtsempfinden, dass man Leuten unter 25 generell misstraut, ihnen ausnahmslos Überheblichkeit im Straßenverkehr anlastet (ganz unbegründet ist das natürlich nicht), andererseits aber die Generation 60+ nicht nur nicht mit ähnlichem Argwohn betrachtet, die Fahrtauglichkeit regelmäßig überprüft, sondern nicht einmal eine Diskussion darüber zulässt.
Es ist in diesem Zusammenhang gar nicht einmal so verwunderlich, dass geschätzte 40% der nicht alkoholbezogenen Unfälle mittelbar durch ein zusätzliches Fehlverhalten der Fahrer über 60 Jahren erst entstehen. Das heißt natürlich nicht, dass dieses Fehlverhalten die einzige, notwendige Bedingung für den Unfall ist, deshalb tauchen solche Fälle in den Statistiken auch so gut wie nie auf.
Ein kleines Fallbeispiel, so vor kurzer Zeit selbst (glücklicherweise als Unbeteiligter) auf deutschen Straßen erlebt, schon fast ein Klassiker:
Ich war mit einem 7.5t LKW auf der Autobahn unterwegs, vor mir ein anderer Brummi. Bei einer Auffahrt quetschte sich ein älterer Verkehrsteilnehmer zwischen die beiden LKWs, was mich schon zu einer nicht ganz so sachten Bremsung zwang (der gute Herr fuhr wohl mit ca. 60km/h auf die Autobahn auf). Nichts passiert, wurde nicht mal sonderlich knapp, aber ganz ungefährlich war die Aktion nicht. Der gute Mann war wohl mit dem LKWs sichtlich überfordert (obwohl ich mehr als genug Abstand hatte, ich denke 200m bei Tempo 89 sind in Ordnung), denn er schwankte ständig zwischen Geschwindigkeiten von 60 bis 120. Mal hing er dem Vordermann am Auflieger, mal bremste er mich aus. Das ganze ging ungefähr 6-7km so. Die Autobahn war recht frei, nicht viel Verkehr, auf 120 beschränkt. Irgendwann hats ihm dann wohl ausgehängt und er zieht auf die linke Spur rüber (Blinker ging an in dem Moment, als er mit den rechten Rädern die Leitlinie überfuhr, also viel zu spät). Von hinten kam da dummerweise ein anderes Fahrzeug mit etwa 140. Lange Reder, kurzer Sinn, gab ne hübsche Kaltblechverformung, niemand verletzt, Autos hin.
Ein Unfall wie er täglich wohl alle 5 Minuten passiert. Der Hammer war aber ein anderer: als die Rennleitung den Unfall aufnahm wurde ich natürlich als Zeuge befragt (ich saß quasi in der 1. Reihe). Also die ganze Story erzählt und dann darauf hingewiesen, dass der alte Mann schon die ganze Zeit durch auffälliges, belästigendes und gefährdendes Fahren aufgefallen sei. Kam als Antwort: "das ist völlig egal, gegen den ermitteln wir nicht, der ist nicht der Unfallverursacher". Meine Einwände resultierten allerdings nicht zu einem Aktenvermerk, sondern in einer Überprüfung der Ladungssicherung (blöd für die... war ne Leerfahrt).
Was das ganze mit dem Thema zutun hat? Ganz einfach: es gibt gewisse, teilweise begründete, Stereotype und anhand derer wird oftmals die Strafe für ein Verkehrsvergehen verhängt und nicht aufgrund des eigentlichen Fehlverhaltens, so wie es eigentlich sein sollte.
Lebensziel: Besitzer aller 205 in den USA zu sein!
205 GTI 1.9 Mi16 Volleder & Klima
205 Rallye 1.3 Serie
205 XS 1.4 Teilleder (im Aufbau)
BMW 2002TIi Baujahr 1975 (wird restauriert)