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von theblackCrow666 » Di 24.02.04 12:45
Bei Arbeitnehmern herrscht vielfach die Vorstellung, dass bei der Kündigung des Arbeitsverhältnisses durch den Arbeitgeber - insbesondere bei einer betriebsbedingten Kündigung - regelmäßig eine Abfindung zu zahlen wäre. Das ist jedoch nicht der Fall: Wenn ein Arbeitgeber eine rechtmäßige Kündigung ausspricht, braucht er keine Abfindung zu zahlen! Seit dem 01.01.2004 ist es jedoch möglich, dass der Arbeitgeber im Falle einer betriebsbedingten Kündigung dem gekündigten Arbeitnehmer verbindlich eine Abfindung von einem halben Monatsgehalt pro Beschäftigungsjahr anbietet. Zeiträume von mehr als sechs Monaten sind dabei auf ein volles Jahr aufzurunden. Zum Entstehen des Abfindungsanspruchs muss der Arbeitgeber in der Kündigung darauf hinweisen, dass er die Kündigung auf dringende betriebliche Erfordernisse stützt und der Arbeitnehmer bei Verstreichenlassen der Klagefrist von drei Wochen die Abfindung beanspruchen kann.
Bei Betrieben, auf die das Kündigungsschutzgesetz Anwendung findet, erheben Mitarbeiter nach einer Kündigung durch den Arbeitgeber bisweilen nur deshalb Kündigungsschutzklage, um die Zahlung einer Abfindung durch den Arbeitgeber zu erreichen.
Dieser “Poker um die Abfindung” führt für den Arbeitnehmer jedoch nur dann zum Erfolg, wenn im Hinblick auf die Rechtmäßigkeit der Kündigung Bedenken bestehen. Führt der Arbeitgeber in einem solchen Fall einen Prozess durch die Instanzen und unterliegt dabei rechtskräftig, behält der Arbeitnehmer - sofern ihm nicht anderweitiger Verdienst anzurechnen ist bzw. er diesen böswillig unterlassen hat - auch dann seinen Anspruch auf die vereinbarte Vergütung, wenn der Arbeitgeber nach Ablauf der Kündigungsfrist die Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers abgelehnt hat. Das könnte für den Arbeitgeber teuer werden!
Dabei ist die Ablehnung der Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers durch den Arbeitgeber der Regelfall, weil eine Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers häufig im Widerspruch zum Kündigungsgrund stehen würde. Begründet ein Arbeitgeber beispielsweise die Kündigung damit, dass eine Reduzierung der Arbeitsmenge durch einen Auftragsrückgang zum Wegfall des Arbeitsplatzes geführt habe, kann er den Arbeitnehmer über den Kündigungszeitpunkt hinaus kaum weiterbeschäftigen. Eine Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers würde im Widerspruch zur Begründung der Kündigung stehen: Auf einem weggefallenen Arbeitsplatz kann man einen Mitarbeiter schlecht weiterbeschäftigen!
Bestehen gegen die Rechtmäßigkeit der Kündigung Bedenken, kann es für den Arbeitgeber ratsam sein, im Kündigungsschutzprozess mit dem Arbeitnehmer einen Vergleich mit dem Inhalt zu schließen, dass das Arbeitsverhältnis gegen Zahlung einer Abfindung einvernehmlich beendet wird. Bei der Höhe der Abfindung ist die Spannbreite weit. Es kommt auf den konkreten Einzelfall an. Von vielen Gerichten wird ein halbes Gehalt pro vollem Beschäftigungsjahr bis zum Zeitpunkt der Kündigung vorgeschlagen. Dies ist jedoch nur ein Anhalt. Häufig wird die Höhe der Abfindung auch durch die wirtschaftliche Situation des Arbeitgebers bestimmt.
Für die Praxis weniger bedeutsam ist die Abfindungsregelung nach dem Kündigungsschutzgesetz (§ 10 KSchG). Falls die Prozessparteien so in Streit geraten sollten, dass eine sinnvolle Zusammenarbeit nicht mehr möglich erscheint, kann das Arbeitsverhältnis durch Urteil gegen Zahlung einer Abfindung durch den Arbeitgeber beendet werden. Die Voraussetzungen sind:
1. Unwirksame Kündigung des Arbeitgebers;
2. Auflösungsantrag durch den Arbeitnehmer oder den Arbeitgeber;
3. Auflösungsgrund:
a) Beim Arbeitnehmer: Die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses
muss dem Arbeitnehmer unzumutbar sein,
b) Beim Arbeitgeber: Eine den Betriebszwecken dienliche weitere
Zusammenarbeit zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer darf
nicht mehr zu erwarten sein.
Auf Abfindungen wegen einer vom Arbeitgeber veranlassten oder vom Gericht ausgesprochenen Auflösung des Arbeitsverhältnisses ist Einkommensteuer zu entrichten, wobei Steuerschuldner der Arbeitnehmer ist. Jedoch gibt es nach Alter und Betriebszugehörigkeit gestaffelte Steuerfreibeträge . Seit 01.01.2004 gilt ein Freibetrag von EUR 7.200. Hat der Arbeitnehmer das 50. Lebensjahr vollendet und das Dienstverhältnis 15 Jahre bestanden, bleiben EUR 9.000 steuerfrei. Hat der Arbeitnehmer das 55. Lebensjahr vollendet und das Dienstverhältnis 20 Jahre bestanden, bleiben EUR 11.000 steuerfrei.
Zur Frage der Abfindungsregelung bei Aufhebungs- und Abwicklungsverträgen beachten Sie bitte die Hinweise auf der Seite
Zum Aufhebungsvertrag:
Für Arbeitnehmer gilt beim Aufhebungsvertrag:
Nichts übereilen und karrierebewusst die Weichen richtig stellen!
Arbeitnehmer geraten häufig in die Situation, dass Arbeitgeber “zur Vermeidung einer ansonsten unumgänglichen betriebsbedingten Kündigung” einen Aufhebungsvertrag anbieten. Mit solch einer einvernehmlichen Beendigung des Arbeitsverhältnisses können Arbeitgeber die Unwägbarkeiten eines Kündigungsschutzprozesses umgehen und kurzfristig für klare Verhältnisse sorgen. So wird von Arbeitgebern diese Möglichkeit der Beendigung eines Arbeitsverhältnisses sehr gerne genutzt.
Bei Verträgen, welche die Beendigung von Arbeitsverhältnissen beinhalten, sollten sich Arbeitnehmer anwaltlich beraten oder vertreten lassen! Erstaunlicherweise erkennen viele Arbeitnehmer nicht, welche Einflussmöglichkeiten sie auf die Vertragsgestaltung haben können. Dies mag daran liegen, dass Arbeitnehmer angesichts der vom Arbeitgeber beabsichtigten Beendigung des Arbeitsverhältnisses unter starkem Druck stehen.
Zunächst sollten Arbeitnehmer nicht übereilt einen Aufhebungsvertrag unterschreiben, sondern die weitere berufliche Karriere planen. Ist mit Arbeitslosigkeit zu rechnen, sollte ein Aufhebungsvertrag in der Regel nicht geschlossen werden, weil mit einer Sperrfrist beim Arbeitslosengeld gerechnet werden muss (vgl. unten). Kommt ein Aufhebungsvertrag grundsätzlich in Betracht, muss über die Konditionen nachgedacht werden. Häufig hat der Arbeitnehmer dabei eine ziemlich starke Verhandlungsposition, weil in vielen Fällen der Arbeitgeber das Arbeitsverhältnis gerne ohne langen Streit beenden möchte.
Gestalten Sie als Arbeitnehmer also den Aufhebungsvertrag maßgeblich mit! Karrierebewusste Arbeitnehmer erkennen die Einflussmöglichkeit auf das Arbeitszeugnis. So kann z.B. im Aufhebungsvertrag die Güte des Zeugnisses vereinbart werden. Oder gehen Sie den sicheren Weg: Lassen Sie sich das Arbeitszeugnis, das Sie für den Rest Ihres Berufslebens begleiten wird, von einem versierten Anwalt vorformulieren! Die Pflicht zur Ausstellung eines entsprechenden Zeugnisses durch den Arbeitgeber kann dann im Aufhebungsvertrag vereinbart werden. Bei Aufhebungsverträgen mit Abfindungsregelung ist auf eine inhaltliche Gestaltung zu achten, die eine steuerliche und sozialversicherungsrechtliche Begünstigung der Abfindung zur Folge hat. Inhalte und Umfang des Aufhebungsvertrages richten sich nach den individuellen Bedürfnissen.
Die Beendigung eines Arbeitsverhältnisses durch Aufhebungsvertrag bedarf zu ihrer Wirksamkeit in jedem Fall der Schriftform!
Im Zusammenhang mit der Frage des Anspruchs auf Arbeitslosengeld taucht neben dem Begriff Aufhebungsvertrag immer wieder der Begriff Abwicklungsvertrag auf. Der Unterschied ist folgender:
Beim Aufhebungsvertrag wird das Arbeitsverhältnis durch den Vertrag beendet. Beim Abwicklungsvertrag geht eine Kündigung - in der Regel des Arbeitgebers - voraus. Das Arbeitsverhältnis wird also nicht durch den Abwicklungsvertrag beendet, sondern durch die vorausgehende Kündigung. In dem Abwicklungsvertrag wird lediglich geregelt, “wie man auseinander geht”.
Warum unterscheidet man zwischen Aufhebungsvertrag und Abwicklungsvertrag? Der Aufhebungsvertrag kann für Arbeitnehmer, die keine Anschlussbeschäftigung haben, schwerwiegende negative Folgen finanzieller Art haben: Wer sein Arbeitsverhältnis durch Aufhebungsvertrag freiwillig löst, muss mit einer Sperrfrist und einer Anspruchsverkürzung beim Arbeitslosengeld rechnen. Bei Zahlung einer Abfindung durch den Arbeitgeber muss auch noch mit der Anrechnung der Abfindung auf das Arbeitslosengeld gerechnet werden! Teilweise wird vertreten, dass diese nachteiligen Folgen bei einem Abwicklungsvertrag nicht entstehen, weil dem Abwicklungsvertrag eine Kündigung durch den Arbeitgeber vorausgeht - das Arbeitsverhältnis durch den Arbeitnehmer also nicht freiwillig aufgegeben wird. Theorie und Praxis liegen hier jedoch weit auseinander. Die Arbeitsämter fragen auch nach dem sog. Abwicklungsvertrag! Wahrscheinlich wird teilweise vermutet, dass Arbeitgeber und Arbeitnehmer sich dahingehend abgesprochen haben könnten, dass der Arbeitgeber zunächst kündige und anschließend zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer ein Abwicklungsvertrag geschlossen werde. Im Ergebnis könnte bei einer solchen Absprache der Arbeitnehmer das Arbeitsverhältnis ebenfalls freiwillig aufgegeben haben - mit allen nachteiligen sozialversicherungsrechtlichen Folgen. Eine solche Absprache würde auch strafrechtliche Relevanz beinhalten. Sollten sich die beschriebenen Wege nach anwaltlicher Beratung als nicht gangbar erweisen, bliebe in taktischer Hinsicht noch die Möglichkeit, es auf eine arbeitgeberseitige Kündigung ankommen zu lassen. Die von Ihnen gewünschten Konditionen könnten auch im Kündigungsschutzprozess im Rahmen eines gerichtlichen Vergleiches ohne die beschriebenen negativen Folgen vereinbart werden
Gruss Alex